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Aktuelle WEG-Rechtsprechung

Die geplante Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes

Vorbemerkung

Die Information über die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes, die Regelungen in Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung, die Beschlüsse der Wohnungseigentümer- gemeinschaft, gegebenenfalls auch aus lange zurückliegenden Zeiträumen sowie die Kenntnis der inzwischen schon fast unüberschaubaren Rechtsprechung ist heute wichtiger denn je und zwar für Verwalter und Wohnungseigentümer gleichermaßen.

Nur wer umfassend und aktuell informiert ist, schützt sich ausreichend vor wirtschaftlichen und rechtlichen Risiken.

Die nachfolgenden Ausführungen sollen einen Überblick über die wichtigsten aktuellen Fragen aus der Gesetzgebung und der Rechtsprechung vermitteln.

1. Die Einführung des Energiepasses im Gebäudebestand

Auf der Grundlage der EU-Gebäuderichtlinie über die „Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden“ und der Umsetzung dieser Richtlinie in nationales Recht ist die Bundesregierung gemäß § 5a Energieeinsparungsgesetz EnEG ermächtigt, durch Rechtsverordnung Inhalte und Verwendung von Energieausweisen auf Bedarfs- und Verbrauchsgrundlage vorzugeben und dabei zu bestimmen, welche Angaben und Kennwerte über die Energieeffizienz eines Gebäudes, eines Gebäudeteils darzustellen sind.

Wie in anderen Bereichen des täglichen Lebens soll mit diesen Energieausweisen dem Verbraucher die Möglichkeit gegeben werden, den Energiebedarf der von ihm bewohnten Gebäude bzw. Wohnungen nach entsprechenden Kennwerten zu ermitteln bzw. mit dem Energiebedarf anderer Objekte zu vergleichen. Die Angaben für die Gebäude sollen in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (KWh/m 2a). Über eine entsprechende Skala kann dann eine Aussage über den Energiestandard des Gebäudes gemacht werden (Standard: A = sehr niedriger bis G = sehr hoher Heizenergieverbrauch).

Dieser Energiepass ist auch für Wohnungseigentumsanlagen zu erstellen, und zwar für das gesamte Gebäude, nicht für die einzelne Wohnung. Die im Energiepass ausgewiesenen Energiekennzahlen sind entweder verbrauchsorientiert oder bedarfsorientiert zu ermitteln. Der bedarfsorientierte Energiepass ist nach technischen Gebäudekriterien zu ermitteln und ist teurer als der verbrauchsorientierte Energiepass, dessen Kennzahlen nach dem tatsächlich gemäß Heizkostenabrechnung ermittelten Verbrauch als Durchschnittswerte für das gesamte Gebäude ermittelt werden.

Welche „Pässe“ für welche Gebäude auszustellen sind und wer konkret für die Ausstellung als Berechtigter in Frage kommt, ist noch nicht endgültig geklärt.

Auch wenn die Gebäudepässe bereits ab 4. Januar 2006 zwingend eingeführt werden sollten, ist nach dem derzeitigen Stand der Beratungen des Verordnungsentwurfes nicht mit einem Inkrafttreten vor Jahresmitte 2006 zu rechnen. Wegen des dann zu erwartenden Bedarfs kann im Übrigen mit einer entsprechenden Übergangsfrist gerechnet werden. Zudem braucht der Ausweis erst dann vorzulegen, wenn erstmals in der Anlage eine Wohnung verkauft oder neu vermietet wird.

2. Aktuelle Rechtsprechung

Die aktuelle Rechtsprechung zum Wohnungseigentum ist im Wesentlichen durch drei Entscheidungen des Bundesgerichtshofes aus den Jahren 2000, 2001 und 2005.

Es handelt sich um die Entscheidungen zur Teilrechtsfähigkeit, zur konstitutiven Beschlussfeststellung und zum Zitterbeschluss.

Allen Entscheidungen gemeinsam ist die Tatsache, dass sie zwar jeweils eine konkrete Rechtsfrage zum Gegenstand hatten, die Entscheidungen selbst aber wieder eine Fülle von Folgefragen auslösten, die zu erneuter Rechtsunsicherheit führten und bisher immer noch auf eine Lösung warten.

2.1 Teilrechtsfähigkeit

Entgegen der bisher vertretenen Rechtsauffassung hat der Bundesgerichtshof (BGH) aktuell entschieden, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer rechtsfähig ist, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt .

Die für Wohnungseigentümer und Verwalter zunächst bedeutsamen Konsequenzen dieser Ent­scheidung ergeben sich im Bereich der Haftung. Aber auch eine Fülle anderer Fragestellungen zeichnet sich derzeit bereits ab, ohne dass schon jetzt – über gewisse Ansätze hinaus – Lösungen offenkundig sind.

2.1.1 Gesamtschuldnerische Haftung

Nach dieser Entscheidung haften die Wohnungseigentümer künftig nicht mehr als Gesamtschuldner im Außenverhältnis, es haftet vielmehr nur die Wohnungseigentümergemeinschaft als selbständiges, teilrechtsfähiges Subjekt „Verband“. Es haftet der Verband mit seinem Verwaltungsvermögen.

Neben der Haftung der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft kommt eine sogenannte akzessorische gesamtschuldnerische Haftung der (einzelnen) Wohnungseigentümer nur dann in Betracht, wenn sie sich neben dem Verband „Wohnungseigentümergemeinschaft“ klar und eindeutig auch persönlich verpflichtet haben.

Diese nunmehr der Wohnungseigentümergemeinschaft zugestandene Teilrechts-fähigkeit hat zur Folge, dass beispielsweise der Heizöllieferant oder ein Handwerksbetrieb, der für die Gemeinschaft eine Leistung erbracht hat, nicht mehr den einzelnen Wohnungseigentümer zur Begleichung der Gesamtrechnung heranziehen kann, wenn der Verwalter kein Geld mehr in der Kasse oder auf dem Konto hat.
Das bedeutet allerdings nicht, dass der Heizöllieferant oder der Handwerksbetrieb leer ausgeht. In diesen Fällen kann er auf das Verwaltungsvermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft durch Pfändung zugreifen. Ebenso sind fällige, aber noch nicht geleistete Hausgeldzahlungen oder Zahlungen aufgrund von Beschlüssen über Sonderumlagen der Wohnungseigentümer oder andere Forderungen der Gemeinschaft pfändbar. Im Zweifelsfalle spätestens dann, wenn sie auf den Gemeinschaftskonto eingehen.

Richtlinie 2002/91/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2002 über die Gesamt-energieeffizienz von Gebäuden (All. EG Nr. L 1 S. 65)

Gesetz zur Einsparung von Energie in Gebäuden (Energieeinsparungsgesetz –EnEG) in der Bekanntmachung der

  • Neufassung des Energieeinsparungsgesetzes vom 1. September 2005, BGBl. I S. 2684
  • BGH, 2.6.2005, V ZB 32/05

Verzögern die Wohnungseigentümer durch schuldhaft unterlassene Beschlussfassung die entsprechende Zuführung von Mitteln in das Verwaltungsvermögen, also insbesondere Hausgeldzahlungen, können sie für Schäden in Anspruch genommen werden, die der Gemeinschaft hieraus entstehen.

Von schuldhaftem Verhalten, das dann wiederum eine gesamtschuldnerische Haftung im Wege der sogenannten Durchgriffshaftung gemäß §§ 826, 840 BGB (und damit wieder durch die „Hintertür“) begründen kann, ist nach der Entscheidung des BGH in der Regel dann auszugehen, wenn auch ein einzelner Wohnungseigentümer die erforderlichen Schritte zur Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung zwecks entsprechender Beschlussfassung zur Bereitstellung der erforderlichen Mittel zum Ausgleich der Verbindlichkeiten nicht unternommen hat, gegebenenfalls einen Negativbeschluss nicht angefochten oder die gerichtliche Ersetzung des Beschlusses nicht verfolgt hat.

Man kann allerdings davon ausgehen, dass diese „letzten Schritte“ kaum praktische Bedeutung erlangen werden. Vielmehr werden aber künftig Lieferanten, Dienstleistungs- und Handwerksbetriebe nur noch gegen „Vorkasse“ oder andere Sicherheiten liefern oder leisten.

2.1.2 Pfändung in das Verwaltungsvermögen

Problematisch könnte die Pfändung von Ansprüchen in das Verwaltungsvermögen sein. Zum Verwaltungsvermögen zählen die Ansprüche der Gemeinschaft gegen die einzelnen Wohnungseigentümer und gegen Dritte, insbesondere Ansprüche gegen Kreditinstitute, bei denen die Gemeinschaftskonten geführt werden.

Darunter fallen zwangsläufig auch die Konten für die Instandhaltungsrückstellung. Nach bisheriger Auffassung ist die Instandhaltungsrückstellung zweckgebunden, darf also nicht zur Begleichung anderer im Rahmen der gemeinschaftlichen Verwaltung eingegangener Verbindlichkeiten verwendet werden, also nicht zur Begleichung der Kosten für Heizöllieferungen oder zur Zahlung der Verwaltervergütung, für die jetzt auch der „Verband“ Wohnungseigentümergemeinschaft haftet.

Sollte nun ungeachtet der Zweckbindung der Zugriff auf die Instandhaltungsrückstellung im Rahmen der Realisierung des Pfändungsanspruches zulässig sein, stellt sich allerdings die Frage, warum dann erst der umständliche Rechtsweg beschritten werden soll, wenn ohne die dadurch bedingten zusätzlichen Kosten der Verwalter die Rechnung direkt aus der Instandhaltungsrückstellung hätte begleichen können. Hier dürfte noch Klärungsbedarf bestehen.

2.1.3 Beitrags- und Schadensersatzansprüche / Beschlussanfechtung

Die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ist nicht nur auf Rechtshandlungen und Rechtsgeschäfte im Außenverhältnis beschränkt, vielmehr ist von der Rechtsfähigkeit auch im Innenverhältnis jedenfalls dann auszugehen, wenn es um die Verfolgung von Beitrags- und Schadensersatzansprüchen gegen einzelne Wohnungseigentümer geht.

Die Anfechtung von Beschlüssen betrifft dagegen nicht den Rechtsverkehr des Verbandes, sondern ausschließlich die Willensbildung innerhalb der Gemeinschaft.

2.1.4 Hausgeldforderungen / Gläubiger / Geltendmachung

Nach bisher herrschender Rechtsauffassung wurden die Wohnungseigentümer als Gläubiger von Forderungen gegen Miteigentümer angesehen, die durch rechtswirksame Beschlüsse über Wirtschaftsplan, Jahresabrechnung oder Sonderumlagen begründet wurden.

Antragsteller bei gerichtlicher Geltendmachung der Hausgeldforderungen waren folglich alle Eigentümer mit Ausnahme des in Anspruch genommenen säumigen Eigentümers.

Die jetzt der Wohnungseigentümergemeinschaft vom BGH zuerkannte Teilrechts-fähigkeit führt dazu, dass nicht mehr die Wohnungseigentümer, sondern die Wohnungseigentümergemeinschaft als Partei und Beteiligte im Verfahren gemäß § 43 WEG analog § 50 ZPO anzusehen ist .

Dies gilt auch, wenn es um die Geltendmachung von Forderungen und Verbindlichkeiten geht, die das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft betreffen.

Die Teilnahme am Rechtsverkehr beschränkt sich nämlich nicht nur auf das Außenverhältnis, sondern umfasst auch die Geltendmachung und Verfolgung von Beitrags- und Schadensersatzansprüchen im Innenverhältnis, also gegen die einzelnen Eigentümer der Gemeinschaft .

2.1.5 Altverfahren

Diese Rechtsfolgen gelten auch für Altverfahren, also auch für Hausgeldverfahren, die vor dieser Entscheidung, also vor dem 2. Juni 2006 anhängig geworden sind. Damit müssten die von Wohnungseigentümern in diesen Verfahren gestellten Anträge ohne die Änderung der Bezeichnung der Gläubiger und damit der Antragsteller als von Anfang an unbegründet zurück gewiesen werden .

Über den richtigen Weg, dies Problem bzw. die insoweit eintretenden Nachteile im Sinne und im Interesse der Wohnungseigentümer bzw. der Wohnungseigentümergemeinschaft als „Verband sui generis“ zu lösen, gehen die Meinungen bisher noch auseinander .

2.2 Konstitutive Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter

Der Verwalter hat nach jetzt herrschender Rechtsmeinung nach erfolgter Beschlussfassung über eine gemäß Tagesordnung angekündigte Angelegenheit zu entscheiden und in der Versammlung zu verkünden, ob der zur Abstimmung gestellte Antrag mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen angenommen oder aufgrund der überwiegenden NEIN-Stimmen abgelehnt wurde. Diese so genannte konstitutive Beschlussfeststellung und Verkündung ist im Regelfall Voraussetzung für das rechtswirksame Zustandekommen eines Eigentümerbeschlusses .

Der BGH hat ergänzend festgestellt, dass die Feststellung des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter nicht in die Niederschrift aufgenommen werden muss, wenn sich aus dem in der Niederschrift festgehaltenen eindeutigen Abstimmungsergebnis das Beschlussergebnis – Annahme oder Ablehnung des Beschlussantrages – widerspruchsfrei ergibt.

Die konstitutive Beschlussfeststellung hat zur Folge, dass auch die Feststellung und Verkündung der Annahme eines an sich fehlerhaften Beschlusses zur Wirksamkeit des Beschlusses führt, wenn er nicht innerhalb Monatsfrist angefochten und durch das Gericht für ungültig erklärt wird.

Verkündet beispielsweise der Verwalter die Annahme eine Beschlussantrages, obwohl die an sich erforderliche Mehrheit wegen falscher Stimmenwertung – JA-Stimmen von nicht vertre­tungsberechtigten Dritten wurden mitgezählt – nicht erreicht wurde, erlangt auch ein solcher „fehlerhafter“ Mehrheitsbeschluss Rechtswirkung, wenn er nicht angefochten und für ungültig erklärt wird.

Im Falle der Anfechtung und Ungültigerklärung eines solchen Beschlusses muss der Verwalter allerdings nach nunmehr sich verbreiternder Rechtsauffassung befürchten, dass ihm wegen fehlerhafter oder falscher Beschlussverkündigung sämtliche Verfahrenskosten, und zwar sowohl die Gerichtskosten wie auch die außergerichtlichen Kosten wegen schuldhafter Veranlassung der Beschlussanfechtung auferlegt werden.

2.2.1 Risiken bei fehlerhafter Beschlussfeststellung

In Beschlussanfechtungsverfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG entscheidet gemäß § 47 WEG der Richter, welche der Verfahrensbeteiligten die Gerichtskosten zu tragen haben.

Dies sind meist die im Verfahren Unterlegenen.

Dagegen werden üblicherweise die außergerichtlichen Kosten, so vor allem die Anwaltskosten, von den Beteiligten selbst getragen, und zwar unabhängig vom Ausgang des Verfahrens. Das Gericht kann aber auch im Einzelfall, wenn es hierfür besondere Gründe gibt, aus Billigkeitserwägungen bestimmen, dass der „Verlierer“ nicht nur die Gerichtskosten zu tragen, sondern auch die außergerichtlichen Kosten ganz oder teilweise zu erstatten hat.

So hatte das Amtsgericht Hamburg-Barmbek einem Verwalter als Verfahrensbeteiligten sämtliche Verfahrenskosten auferlegt, weil er in Kenntnis und nach ausdrücklicher Unterrichtung der Wohnungseigentümer über die Gesetzeswidrigkeit den insoweit offenkundig anfechtbaren Mehrheitsbeschluss mit so genannter konstitutiver Wirkung als mehrheitlich angenommen verkündet und damit ein Anfechtungsverfahren veranlasst hatte .

  • OLG München, 13.7.2005, 34 Wx 061/05; Elzer, ZMR 2005, 730, 731 m.w.N.
  • OLG München, 13.7.2005, 34 Wx 061/05

Elzer weist allerdings darauf hin, dass es insoweit nicht auf das Entscheidungsdatum, sondern auf das Datum der Veröffentlichung ankommt, für das er die Veröffentlichung in einer gängigen Fachzeitzeitschrift zuzüglich einer weiteren Frist von zwei Wochen ansieht, ZMR 2005, 731 vgl. dazu Elzer, ZMR 2005, 731

zu drei sich anbietenden Lösungswegen vgl. Elzer, Anmerkung zu OLG München, 13.7.2005, 34 Wx 061/05, ZMR 2005, 73113. l

  • BGH, 23.8.2001, V ZB 10/01, DWE 2001, 105 = ZWE 2001, 530
  • OLG Düsseldorf, 6.5.2002, 3 Wx 244/01, zur wirksamen Bestellung eines Verwalters trotz fehlender Stimmenmehrheit wegen Ungültigkeit abgegebenen Stimmen vorliegend zur Wahl eines Nicht-Wohnungseigentümers in den Verwaltungsbeirat
  • AG Hamburg-Barmbek, 12. Januar 2004, 880 II 77/03, DWE 2005, 5 ff., dort auch zum PRO und CONTRA

Im entschiedenen Fall ging es um die Wahl einer Nicht-Wohnungseigentümerin in den Verwal­tungsbeirat. Der Verwalter hatte vor der Beschlussfassung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die zur Wahl stehende Kandidatin – eine frühere Eigentümerin, die nach Übertragung ihrer Wohnung auf ihren Sohn weiterhin in der früher ihr gehörenden Wohnung wohnte – nunmehr als Nicht-Eigentümerin zwar als Beiratsmitglied gewählt werden könnte, ein entsprechender Mehrheitsbeschluss als gesetzeswidriger Mehrheitsbeschluss zwar nicht nichtig, aber anfecht­bar wäre, und im Falle der Anfechtung zur Ungültigerklärung des Beschlusses führen würde.

Der Beschluss wurde angefochten und richtigerweise als gesetzeswidriger Beschluss vom Gericht für ungültig erklärt.

Im Ergebnis mit der Entscheidung des AG Hamburg-Barmbek übereinstimmend hat aktuell das OLG Düsseldorf entschieden, dass eine fehlerhafte Beschlussfeststellung eines von den Wohnungseigentümern anstelle des Verwalters beauftragten Rechtsanwalts als Versammlungsleiters nicht dem Protokoll führenden Verwalter mit der Folge zugerechnet werden, dass dieser mit den Kosten des Beschlussanfechtungsverfahrens belastet wird .

Das Gericht stellte zunächst fest, dass es allgemein anerkannt sei, dass im Rahmen der Entscheidung gemäß § 47 WEG über die Kosten des Verfahrens auch eine Schadensersatzpflicht eines Verwalters zu berücksichtigen sei und zu dessen Kostenbelastung führen könne.

Im vorliegenden Fall sei aber nicht der Verwalter, sondern ein Rechtsanwalt mit der Versammlungsleitung beauftragt worden. Deshalb sei auch der Anwalt für die fehlerhafte Feststellung des Abstimmungsergebnisses und die fehlerhafte Beschlussfeststellung und die dadurch verursachte Beschlussanfechtung verantwortlich.

Da der Anwalt aber nicht Beteiligter im Beschlussanfechtungsverfahren gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG sei, könnte er auch nicht in die Kostenentscheidung gemäß § 47 WEG einbezogen wer­den.

Hätte anstelle des Rechtsanwaltes, wie es allgemein üblich ist, der Verwalter die Versammlung geleitet, hätte das Gericht, dies ergibt sich zweifelsfrei aus der Entscheidung, ihm als Beteiligten – weil schuldverursachend für die Beschlussanfechtung – wohl sämtliche Verfahrenskosten auferlegt.

Dieses Risiko, sämtliche Verfahrenskosten in einem solchen Fall zu tragen, trifft im Zweifelsfalle auch einen Wohnungseigentümer, beispielsweise den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirates, wenn diesem die Leitung der Versammlung übertragen wird.

2.2.2 Risikominderung durch Information

Um generell die Risiken einer Beschlussanfechtung und der sich daraus für Verwalter und Wohnungseigentümer ergebenden nachteiligen Folgen zu vermeiden, geht es in der Verwaltungspraxis in erster Linie darum, Beschlussfassungen der Wohnungseigentümer durch Prüfung der rechtlichen Grundlagen und entsprechende Information gründlich vorzubereiten.

Dabei geht es allerdings nicht nur um die allgemeine Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen, sondern auch um die Kenntnis der konkreten Regelungen der Teilungserklärungen bzw. Gemeinschaftsordnungen in den jeweiligen Wohnungseigentümergemeinschaft sowie insbesondere auch um die Kenntnis und Information über die aktuelle Gesetzgebung und Rechtsprechung.

Zwar ist der Verwalter grundsätzlich nicht zur Erteilung von rechtlichen Informationen verpflichtet, andererseits entspricht es der herrschenden BGH-Rechtsprechung, dass jedenfalls der gewerbliche Verwalter die Wohnungseigentümer über alle tatsächlichen und rechtlichen Zweifelsfragen einer Beschlussfassung umfassend aufzuklären hat . Zwar ist ihm nach der Entscheidung des BGH ein möglicher Rechtsirrtum nicht anzulasten, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass er die Rechtsfragen mit der erforderlichen Sorgfalt geprüft hat.

Die BGH-Entscheidung zur konstitutiven Beschlussfeststellung zwingt somit den Verwalter aber auch die Wohnungseigentümer, sich anders als früher gewohnt, aktuell zu informieren, um Risiken und mögliche Schadensersatzansprüche von vornherein abzuwehren.

Vor diesem Hintergrund kommt insbesondere der BGH-Entscheidung vom 20.9.2000, auch als „Jahrhundertentscheidung“ bezeichnet für die Verwaltungspraxis nach wie vor entscheidende Bedeutung zu.

2.3 Die Jahrhundert-Entscheidung des BGH zum Zitterbeschluss

Wohnungseigentümer und – selbstverständlich bzw. in erster Linie – die Verwalter müssen grundsätzlich zwischen Vereinbarungen und Beschlüssen unterscheiden.

2.3.1 Abgrenzung Vereinbarung und Beschluss

Die Abgrenzung zwischen Vereinbarung und Beschluss ergibt sich - trotz jahrelanger entgegen­stehender Interpretation – bereits aus den entsprechenden gesetzlichen Regelungen des § 10 Abs. 1 WEG und § 21 Abs. 3 WEG selbst, und das allerdings nicht erst aus der BGH-Entscheidung vom 20.9.2000 .

Immer dann, wenn die Wohnungseigentümer von einer abdingbaren gesetzlichen Regelung oder von einer Reglung der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung abweichen wollen, ist gemäß § 10 Abs. 1 WEG eine Vereinbarung erforderlich, also eine Regelung, der alle im Grundbuch eingetragenen Eigentümer zustimmen müssen, und die zu ihrer Rechtswirkung gegenüber Sondernachfolgern gemäß § 110 Abs. 2 WEG in das Grundbuch eingetragen werden muss.

Demgegenüber erfolgt die Regelung der „nachrangigen“ Angelegenheiten der Verwaltung und des Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums konkret-individuell gemäß §§ 21 Abs. 3, 23 Abs. 1, 15 Abs. 3 WEG bezogen auf einen einzigen Fall oder eine Fallgruppe durch Beschlussfassung der Wohnungseigentümer, und zwar durch mehrheitliche oder einstimmige Beschlussfassung in Abhängigkeit von der Ordnungsmäßigkeit bzw. Nicht-Ordnungsmäßigkeit. Im Kern geht es damit um die Regelungstiefe, also um die Frage, wie weit die Beschlusskompetenz konkret reicht bzw. was von der Beschlusskompetenz umfasst wird.

2.3.1.1 Gesetzes- oder vereinbarungsändernde Mehrheitsbeschlüsse

Gesetzes- bzw. vereinbarungsändernde Mehrheitsbeschlüsse beinhalten Regelungen, durch die von den abdingbaren gesetzlichen Bestimmungen bzw. von Vereinbarungen oder ihnen gleichstehenden Regelungen der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung abgewichen wird bzw. durch die diese Regelungen geändert oder aufgehoben werden .

Diese gesetzes- oder vereinbarungsändernden Mehrheitsbeschlüsse sind wegen fehlender Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer nichtig.

Wenn also das Wohnungseigentumsgesetz den Eigentümern nicht ausdrücklich das Recht zur Beschlussfassung zu den einzelnen Verwaltungsangelegenheiten einräumt, sind sie auch nicht berechtigt, entsprechende Beschlüsse zu fassen.

Würde die Gemeinschaft trotz dieser fehlenden Beschlusskompetenz eine Beschlussfassung herbeiführen, wäre ein solcher Beschluss von Anfang an als nicht getroffen zu werten. Da ein Beschluss nicht zustande gekommen ist, bedarf es keiner Anfechtung, weil nur Beschlüsse anfechtbar sind und bei Nichtigkeit Beschlüsse nicht existent sind.

Soweit in der Vergangenheit gesetzes- oder vereinbarungsändernde Mehrheits-beschlüsse als sogenannte Ersatzvereinbarung Rechtswirkung erlangten, sind diese Ersatzvereinbarungen rückwirkend nichtig. Die Nichtigkeit erstreckt sich also nicht nur auf künftig zu regelnde Angelegenheiten, sondern betrifft auch früher getroffene Regelungen, die bis zum heutigen Zeitpunkt nachwirken.

2.3.1.2 Vereinbarungsersetzender Mehrheitsbeschluss

Bei einem vereinbarungsersetzenden Mehrheitsbeschluss handelt es sich um einen Beschluss in Angelegenheiten, die den Rahmen des ordnungsmäßigen Gebrauchs im Sinne des § 15 Abs. 2 WEG, der ordnungsmäßigen Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 3 WEG oder der ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG über­schreiten und zu deren Regelung deshalb eine Vereinbarung oder ein einstimmiger Beschluss erforderlich wäre.

In diesem Fall ersetzt ein unangefochtener (Nur-)Mehrheitsbeschluss die an sich erforderliche Vereinbarung oder den einstimmigen Beschluss .

Die Rechtswirksamkeit dieser vereinbarungsersetzenden Mehrheitsbeschlüsse ergibt sich daraus, dass es sich bei den genannten Regelungen um Angelegenheiten handelt, für die das Gesetz den Wohnungseigentümern ausdrücklich die Möglichkeit einer Mehrheitsentscheidung im Rahmen „ordnungsmäßiger Maßnahmen“ einräumt, die Beschlusskompetenz damit ausdrücklich vorgegeben ist.

Im Rahmen dieser ordnungsmäßigen Maßnahmen reicht ein Mehrheitsbeschluss aus, wenn eine gesetzliche Regelung oder eine Vereinbarung nicht entgegensteht.

Handelt es sich um Maßnahmen, die über den ordnungsmäßigen Rahmen hinausgehen, ist grundsätzlich ein einstimmiger Beschluss erforderlich.

Da es sich aber in beiden Fällen um Beschlüsse handelt, gilt die Bestimmung des § 23 Abs. 4 WEG, wonach ein Beschluss nur dann ungültig ist, wenn er innerhalb Monatsfrist angefoch­ten und durch das Gericht für ungültig erklärt wird.

Damit gilt, dass für Gebrauchs-, Verwaltungs- und Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungs­maß­nahmen oder bauliche Veränderungen an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten ist, wonach in diesen Angelegenheiten bestandskräftige (= nicht angefochtene und nicht für ungültig erklärte) Mehrheitsbeschlüsse gültig sind, auch wenn der Regelungsgegenstand mangels „Ordnungsmäßigkeit“ an sich eine Vereinbarung im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG oder einen einstimmigen Beschluss erforderlich gemacht hätte.

Vereinbarungsersetzende Mehrheitsbeschlüsse sind daher nicht nichtig, sondern - nur – anfechtbar.

Für die Aufhebung solcher vereinbarungsersetzenden Mehrheitsbeschlüsse reicht ein einfa­cher Mehrheitsbeschluss als Beschluss im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung dann aus, wenn mit dieser Beschlussfassung die ursprünglich geltende Regelung wiederhergestellt wird .

2.3.1.3 Vereinbarungswidriger Mehrheitsbeschluss

Von einem vereinbarungswidrigen Mehrheitsbeschluss ist dann zu sprechen, wenn mit diesem Beschluss abdingbare gesetzliche Regelungen bzw. Vereinbarungen oder ihnen gleichstehende Regelungen in der Teilungserklärung nicht abgeändert, sondern im konkreten Einzelfall nur fehlerhaft angewendet werden. Diese nur fehlerhaften Beschlüsse sind nicht nichtig, sondern ebenfalls - nur – anfechtbar .

2.4 Beschlusskompetenz und Regelungstiefe

Grundsätzlich unstrittig nach der BGH-Entscheidung vom 20.9.2000 ist inzwischen die herrschende Meinung, dass nur über solche Angelegenheiten rechtswirksam Beschlüsse gefasst werden können, über die die Wohnungseigentümer nach den gesetzlichen Bestimmungen gemäß §§ 15 Abs. 2, 21 Abs. 3 und 22 Abs. 1 WEG grundsätzlich durch Beschlussfassung ent­scheiden können, für die den Wohnungseigentümern, wie der BGH entschieden hat, eine Be­schlusskompetenz zugewiesen ist.

Nach wie vor nicht eindeutig geklärt ist allerdings die Frage, wie weit diese grundsätzliche Beschlusskompetenz im konkreten Einzelfall die einzelnen Regelungsinhalte einer komplexen Beschlussfassung abdeckt bzw. einbezieht.

So ist den Wohnungseigentümern grundsätzlich die Beschlusskompetenz über die Jahresabrechnung „direkt“ eingeräumt. Mit dieser komplexen Beschlussfassung ist gleichzeitig aber auch „indirekt“ die Beschlusskompetenz verbunden, die Verwendung eines gesetzeswidrigen Verteilungsschlüssels mit zu beschließen.

Die von der Jahresabrechnung losgelöste Änderung des Verteilungsschlüssels durch mehrheitliche Beschlussfassung wäre nichtig, in der in die Abrechnung eingebundenen Verwendung ist der Beschluss nur anfechtbar.

  • OLG Düsseldorf, 29.4.2005, I-3 Wx 56/05
  • BayObLG, 23.2.2001, 2Z BR 36/01
  • BGH, 21.12.1995, V ZB 4/94, NJW 1996, 1216 = FGPrax 1996, 90
  • so u.a. früher schon OLG Köln, 27.9.1991, 16 Wx 60/91, mit ausführlich begründender Abgrenzung zwischen Vereinbarung und Beschluss
  • BGH, 20.9.2000, V ZB 58/99, DWE 2000, 113 = ZWE 2000, 518
  • BGH, 20.9.2000, V ZB 58/99, DWE 2000, 113 = ZWE 2000, 518
  • OLG Karlsruhe, 31.5.2000, 11 Wx 96/00
  • BGH, 20.9. 2000, V ZB 58/99, DWE 2000, 113; vgl. dazu auch KG Berlin, Vorlagebeschluss vom 15. Dezember 1999, 24 W 6209/99, DWE 2000, 28

2.5 Beschlussfassung als ordnungsmäßige Beschlussfassung

Kriterium im Einzelfall ist im Übrigen – Beschlusskompetenz grundsätzlich vorausgesetzt – die Abgrenzung zwischen ordnungsmäßiger und nicht ordnungsmäßiger Verwaltung bzw. ordnungsmäßigem und nicht ordnungsmäßigem Gebrauch.

Die Ordnungsmäßigkeit entscheidet darüber, ob für den Beschluss ein Mehrheitsbeschluss ausreicht oder ob die Zustimmung aller Eigentümer erforderlich ist .

Das gleiche gilt für die Abgrenzung zwischen baulichen Veränderungen und ordnungsmäßiger Instandhaltung und Instandsetzung. Es handelt sich um Maßnahmen der Verwaltung des ge­meinschaftlichen Eigentums, wozu einerseits die Zustimmung aller Eigentümer erforderlich ist, vorausgesetzt alle Eigentümer sind betroffen, andererseits reicht ein Mehrheitsbeschluss aus. Die Beschlusskompetenz bleibt davon unberührt.

Ordnungsmäßig im Sinne des Gesetzes sind die Regelungen und Entscheidungen, die dem Gesetz, den Vereinbarungen und den Beschlüssen und insoweit dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entsprechen.

Somit ist bei der Beschlussfassung in allen Angelegenheiten der gemeinschaftlichen Verwaltung zu prüfen, ob

  • durch Gesetz oder Vereinbarung eine direkte oder indirekte Beschlusskompetenz eingeräumt ist, und wenn ja, ob es sich um
  • mehrheitlich beschließbare Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung handelt oder um Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Verwaltung hinausgehen und deshalb an sich eine einstimmige oder allstimmige Beschlussfassung erforderlich machen.

Unter diesen Gesichtspunkten sollen nachfolgend die bisher in der Literatur und in der Rechtsprechung strittigen bzw. offenen Fragen dargestellt und erläutert werden.

2.6 Beispielfälle nichtiger, anfechtbarer und ordnungsmäßiger Beschlüsse

Da die denkbaren Beschlussinhalte vielfach unterschiedlichen Beschlusskategorien zuzuordnen sind, soll in der nachstehenden Übersicht der Versuch unternommen werden, die verschiedenen Beschlussinhalte ohne Wertung, lediglich in alphabetischer Gliederung den unterschiedlichen Beschlussvarianten zuzuordnen.

2.6.1 Instandhaltung/Instandsetzung

Das Wohnungseigentumsgesetz räumt den Wohnungseigentümern § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG ausdrücklich die Beschlusskompetenz ein, über Maßnahmen zur ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung mit Mehrheit zu beschließen.

Zur ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung als mehrheitlich zu beschließende Maßnahme gehört auch eine modernisierende Instandsetzung. Voraussetzung hierfür ist allerdings stets, dass grundsätzlich eine Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungsmaßnahme erforderlich ist.

Sind beispielsweise in einer oder in mehreren Wohnungen Feuchtigkeitsschäden aufgrund von Rissen im Mauerwerk aufgetreten, ist grundsätzlich eine Instandsetzungsmaßnahme erforderlich, die dann zusätzlich mit einer Modernisierungs- bzw. Energieeinsparungsmaßnahme in Form einer den heutigen Erfordernissen entsprechende Wärmedämmung einhergehen kann.

Eine solche Maßnahme ist im Übrigen auch unter dem Gesichtspunkt als ordnungsmäßige Verwaltungsmaßnahme mit Mehrheit beschließbar sein, weil nach den Vorschriften der Energieeinsparverordnung (früher Wärmeschutzversordnung) entsprechende Wärmedammmaß­nahmen dann vorgeschrieben sind, wenn ohnehin Fassaden- oder Dachsanierung erforderlich werden, von denen mehr als 25 vom Hundert der Gesamtfläche betroffen sind.

Als Beispiel einer modernisierenden Instandsetzung, die mit Mehrheit beschlossen werden kann, zählt auch die Umstellung einer instandsetzungsbedürftigen Ölzentralheizung auch Gasbetrieb .

Die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung sind gemäß § 16 Abs. 2 WEG im Verhältnis der Miteigentumsanteile zu verteilen.

Ob eine abweichende Kostenverteilung durch die Beschlusskompetenz zur Entscheidung über Art, Umfang, Zeitpunkt und Finanzierung ordnungsmäßiger Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen umfasst wird, ist ebenfalls strittig.

Einerseits wird auch hier die Auffassung vertreten, dass eine nur mehrheitlich beschlossene von § 16 Abs. 2 WEG abweichende Kostenverteilung als gesetzesändernder Mehrheitsbeschluss nichtig ist , andererseits hält die Rechtsprechung im konkreten Finanzierungsfall durch eine Sonderumlage eine solche abweichende Kostenverteilung für zulässig.

So ist nach einer Entscheidung des OLG Köln ein Beschluss, durch den eine einmalige Sonderumlage abweichend von den Kostentragungsregelungen der Teilungserklärung festgesetzt wird, nicht nichtig und muss deshalb innerhalb der Frist des § 23 Abs. 4 WEG angefochten wer­den.

Die gleiche Auffassung hat das BayObLG vertreten. So ist nach dortiger Auffassung ein Be­schluss, der für eine Sonderumlage zur Finanzierung der Balkonsanierung einen von der Teilungserklärung abweichenden Verteilungsschlüssel festlegt, gültig, wenn er nicht innerhalb Monatsfrist gemäß § 23 Abs. 4 WEG angefochten wird.

2.6.2 Bauliche Veränderungen

Der Gesetzgeber hat den Wohnungseigentümern durch die Regelung des §§ 22 Abs. 1 WEG grundsätzlich die Beschlusskompetenz eingeräumt mit der Folge, dass auch ein Mehrheitsbeschluss zur Vornahme baulicher Veränderungen trotz an sich erforderlicher Zustimmung aller Eigentümer als gesetzeswidriger Mehrheitsbeschluss nicht nichtig, sondern nur gemäß § 23 Abs. 4 WEG anfechtbar ist.

Die Frage, ob die grundsätzlich nach § 22 Abs. 1 WEG geregelte Beschlusskompetenz sich allerdings nur auf die bauliche Maßnahme als solche bezieht, oder sich im konkreten Fall auch auf die für den Fall der Nicht-Zustimmung geregelte Kostenbefreiung nach § 16 Abs. 3 erstreckt, ist umstritten.

Einerseits wird die Auffassung vertreten, dass ein Mehrheitsbeschluss, der alle Eigentümer, auch die, die einer baulichen Veränderung nicht zustimmen, ungeachtet der Vorschrift des § 16 Abs. 3 WEG, zur anteiligen Kostentragung verpflichtet, nichtig ist .

Andererseits wird, nach hier vertretener Meinung zutreffend, die Auffassung vertreten, dass die dem § 22 Abs. 1 WEG innewohnende Beschlusskompetenz, im konkreten Fall auch die kostenbefreiende Wirkung des § 16 Abs. 3 WEG umfasst, so dass ein von § 16 Abs. 3 WEG abweichender Mehrheitsbeschluss, der auch die nicht zustimmenden Wohnungseigentümer zur anteiligen Kostentragung verpflichtet, zwar gesetzeswidrig und damit anfechtbar, aber nicht nichtig ist. Die zugrunde liegende gesetzliche Regelung des § 16 Abs. 3 WEG wird dadurch nicht geändert.

Zwar hat das OLG Hamm entschieden, dass sich ein Wohnungseigentümer an den Kosten einer baulichen Veränderung, der er nicht zugestimmt hat, nicht zu beteiligen braucht, jedoch hat das Gericht den Beschluss über die Finanzierung der Kosten durch die Instandhaltungsrückstellung ersichtlich nicht für nichtig erachtet.

Gleichwohl hat es allerdings den Anspruch des von der Beitragspflicht gemäß § 16 Abs. 3 WEG befreiten Eigentümers bejaht, dass der entnommene Betrag der Instandhaltungsrückstellung wieder zugeführt wird.

Diese Konsequenz ergab sich allerdings aus der Tatsache, dass es sich um einen gesetzeswidrigen und damit anfechtbaren Beschluss handelte, der im Falle der Anfechtung zwangsläufig auch zur Ungültigerklärung führen musste. Bei unterbliebener Anfechtung wäre der Beschluss - da nicht nichtig – in Bestandskraft erwachsen.

2.6.2.1 Beispielfälle

Balkonverglasung

Die Verglasung von Balkonen stellt grundsätzlich eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG dar, die stets der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf .

Dies gilt auch für den Fall, dass es sich um eine wirtschaftliche Verbesserung handelt , möglicherweise auch unter dem Gesichtspunkt der Energieeinsparung.
Errichtet ein einzelner Wohnungseigentümer ohne die erforderliche Zustimmung der übrigen Eigentümer eigenmächtig einen Balkon, so kann jeder einzelne der Miteigentümer einen Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 BGB geltend machen. Diesem Anspruch kann auch nicht entgegengehalten werden, dass in der Vergangenheit andere Eigentümer ohne Genehmigung, aber unbeanstandet, eigenmächtig Balkone errichtet haben . Allerdings bleibt zu berücksichtigen, dass ein solcher Beseitigungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung unter Abwägung des Zeit- und des Umstandsmoments abgewehrt werden kann.

  • Wenzel, ZWE 2001, 230
  • BayObLG, 31.1.2002, 2Z BR 165&01
  • Wenzel, ZWE 2001, 226, 235
  • OLG Köln, 8.2.2002, 16 Wx 6/02, zur Sonderumlage zur Finanzierung einer Garagensanierung
  • BayObLG, 27.2.2003, 135/02
  • BayObLG, 30.11.2000, 2Z BR 81/00
  • Wenzel, ZWE 2001, 226, 236
  • OLG Hamm, 14.5.2002, 15 W 300/01, DWE 2003, 27
  • BayObLG, 14.12.2000, 2Z BR 114/00
  • BayObLG, 12.10.2001, 2Z BR 127/01

Ein besonderes Problem stellt sich im Falle des Eigentümerwechsels, wenn der neue Eigentümer die Instandsetzung einer zwischenzeitlich reparaturbedürftigen Balkonverglasung verlangt, die von seinem Voreigentümer ungenehmigt angebracht hat. Obwohl die Balkonverglasung in gemeinschaftliches Eigentum übergegangen ist, besteht kein Instandsetzungsanspruch zu Lasten der Gemeinschaft, da diese der baulichen Veränderung nicht zugestimmt hat und folglich mangels Nichtzustellung gemäß § 16 Abs. 3 WEG sich an den Herstellungs- und den Folgekosten der Maßnahme nicht beteiligen braucht.

Verlangt allerdings die Gemeinschaft nachträglich die Beseitigung, haben sich alle Eigentümer an den Beseitigungs- bzw. den Kosten der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes anteilig zu beteiligen, der neue Eigentümer muss die Beseitigung dulden.

Errichtung einer Parabolantenne

Unstrittig handelt es sich bei der Errichtung eines Parabolantenne um eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG, die auch das Grundrecht auf Eigentum berührt.

Andererseits berührt die Frage der Zulässigkeit der Errichtung einer Parabolantenne das Grundrecht auf Informationsfreiheit, so dass im konkreten Fall eine Interessenabwägung zwischen diesen beiden Grundrecht vorzunehmen ist.

Nach bisheriger Rechtsprechung wurde im Rahmen dieser Interessenabwägung dem ausländischen Mieter und Wohnungseigentümer ein Anspruch auf Errichtung einer Parabolantenne dann zugestanden, wenn über die Parabolantenne mehr Programme in der Heimatsprache zu empfangen waren als über den Breitbandkabelanschluss. Nunmehr geht die Rechtsprechung in eine andere Richtung.

Generell ist dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, auch in zivilrechtlichen Streitigkeiten über die Anbringung von Satellitenempfangsanlagen Rechnung zu tragen. Dies gilt gleichermaßen für Mieter wie auch für Wohnungseigentümer.

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berührt ist, wenn vom Vermieter oder von der Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt wird, die Anbringung einer Parabolantenne zu dulden. Das erfordert im konkreten Fall eine Abwägung der gegenseitigen Interessen (BVerfG, Beschluss vom 9.2.1994, 1 BvR 1687/92; Beschluss vom 19.2.1998, 1 BvR 962/94).

Dabei ist das besondere Informationsinteresse der dauerhaft in der Bundesrepublik lebenden Ausländer zu beachten, die sich über das Geschehen in ihren Heimatländern unterrichten und die kulturelle und sprachliche Verbindung aufrechterhalten wollen.

Dieser Grundsatz ist nach jüngster Rechtsprechung auch dann berücksichtigt, wenn der ausländische Mieter unter Benutzung eines Zusatzgerätes (Decoder) fünf Fernsehsender in seiner Heimatsprache über das im Gebäude installierte Breitbandkabel empfangen kann. Unter diesen Gegebenheiten ist dem Eigentumsrecht des Vermieters Vorrang unter dem Gesichtspunkt einzuräumen, dass das Gesamtbild der Gebäudefassade durch das Anbringen einer Parabolantenne erheblich beeinträchtigt wird, auch wenn der Eingriff in die Gebäudesubstanz gering ist.

Hierzu hat auch das Bundesverfassungsgericht in seinen letzten Entscheidungen festgestellt, dass die Errichtung einer Parabolantenne, die den Empfang von Rundfunk- (und Fernseh-) programmen ermöglicht, die über Satellit ausgestrahlt werden, zwar grundsätzlich von dem Grundrecht auf Informationsfreiheit geschützt ist, daneben aber auch das Grundrecht auf den Schutz des Eigentums aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zu be­rücksichtigen ist (BVerfG, Beschluss vom 24.1.2005, 2 BvR 1953/00; Beschluss vom 17.3.2005, 1 BvR 42/03).

Unter Berücksichtigung und in Abwägung der unterschiedlichen Interessen kann einem Mieter – und folglich ebenso auch dem Wohnungseigentümer – regelmäßig zugemutet werden, den Breitbandkabelanschluss statt einer Satellitenempfangs-anlage zu nutzen, wenn auf diese Weise Zugang zu Programmen in der jeweiligen Heimatsprache ausländischer Mitbürger besteht.

Unter diesen genannten Gesichtspunkten hat der BGH den Anspruch eines Mieters gegen den Vermieter auf Duldung der Errichtung einer Parabolantenne mit einem Durchmesser von höchstens 80 Zentimeter bei vorhandenem Breitbandkabel-anschluss zurückgewiesen (BGH, 2.3.2005, VIII ZR 118/04).

Dies ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Recht auf Informationsfreiheit soll zwar die Zugänglichkeit zu Informationsquellen gewährleisten, nicht aber die Kostenlosigkeit des Informationszugangs sichern.

Deshalb begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Abwägung der Interessen zu Lasten des ausländischen Mieters oder des Wohnungseigentümers geht, sofern die Zusatzkosten für die Nutzung zusätzlicher Geräte nicht so hoch sind, dass sie nutzungswillige Interessenten typischerweise davon abhalten, ein entsprechendes Programmpaket zu beziehen (BVerfG, Beschluss vom 17.3.2005, 1 BvR 42/03).

Kabelanschlusskosten

Nach inzwischen herrschender Literaturmeinung liegt es in der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer, abweichend von der gesetzlichen Kostentragungsregelung gemäß § 16 Abs. 2 WEG aussonderbare und dem Sondereigentümer bzw. dem Sondereigentum direkt zuzuordnende Kosten „verbrauchsabhängig“ zu verteilen. Im Falle des Breitbandkabelanschlusses bedeutet das, dass die Kosten je Wohnungsanschluss aufgrund mehrheitlicher Beschlussfassung verteilt werden .

Einbau eines Treppenlifts

Bauliche Veränderungen können gemäß § 22 Abs. 1 WEG nicht mit Mehrheit beschlossen werden. Auf die Zustimmung einzelner Eigentümer kann jedoch verzichtet werden, wenn deren Rechte nicht über das nach § 14 Nr. 1 WEG zulässige Maß hinaus beeinträchtigt werden.

Der Einbau eines Treppenlifts stellt im Regelfall eine solche bauliche Veränderung dar, jedoch kann die Zustimmung der Wohnungseigentümer in diesen Fällen entbehrlich sein, wenn die bauordnungsrechtlichen Belange gewahrt sind und die Gebrauchs- und Nutzungsmöglichkeiten des Treppenhauses für die übrigen Wohnungseigentümer nicht über das nach § 14 Nr. 1 WEG unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden.

Ob ein über das in § 14 Nr. 1 WEG bezeichnete Maß hinausgehender Nachteil vorliegt, ist anhand aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Die Verringerung der nutzbaren Breite einer Treppe durch den Einbau eines Treppensitzlifts unter die in einer Landesbauordnung geforderte Mindestbreite kann danach einen hinnehmbaren Nachteil darstellen (OLG München, Beschluss vom 12.7.2005, 32 Wx 51/05).

2.6.3 Eventualeinladung

Für eine Regelung, durch die abweichend von § 25 Abs. 4 WEG die Einberufung einer Ersatzversammlung am gleichen Tage, mit gleicher Tagesordnung, nur zeitverschoben für den Fall zulässig sein soll, dass die Erstversammlung nicht beschlussfähig ist, fehlt den Eigentümern die Beschlusskompetenz. Ein Mehrheitsbeschluss ist nichtig. Dies gilt auch für einen Vorschaltbeschluss, durch den eine solche Regelung jeweils für das nächste Jahr getroffen werden soll .

2.6.4 Jahresabrechnung - Verteilungsschlüssel

Werden in einer Jahresabrechnung für einzelne oder alle Einzelpositionen vom Gesetz oder von der Teilungserklärung bzw. von der Gemeinschaftsordnung abweichende Verteilungsschlüssel verwendet, so ist der die Jahresabrechnung genehmigende Beschluss als gesetzes- oder vereinbarungswidriger Mehrheits-beschluss nicht nichtig, sondern nur anfechtbar .

2.6.5 Kostenverteilung

Die Änderung der gesetzlichen Kostentragungsregelung gemäß § 16 Abs. 2 WEG bedarf grundsätzlich einer Vereinbarung. Ein Mehrheitsbeschluss, der eine generelle Änderung beinhaltet, ist als gesetzesändernder Mehrheitsbeschluss nichtig.

Gerade zur Kostenverteilung gibt es jedoch zahlreiche im Schrifttum strittig beurteilte und von der bisherigen Rechtsprechung noch nicht eindeutig entschiedene Varianten.

2.6.7 Lastschrifteinzugsverfahren

Die Einführung des Lastschrifteinzugsverfahrens fällt nach inzwischen herrschender Meinung – ebenso wie Fälligkeitsregelungen für Wohngeldforderungen – grundsätzlich in die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümerversammlung.

Auch eine diesbezügliche Regelung im Verwaltungsvertrag berührt die Beschlusskompetenz nicht, auch wenn dadurch neben dem Außenverhältnis zum Verwalter auch das Gemeinschaftsverhältnis berührt wird, allerdings nur mittelbar.

Die Einführung einer pauschalierten Mehraufwandsgebühr bei Nichtteilnahme am Lastschriftverfahren ist strittig. Wenzel sieht hierin eine rechtsergänzende Regelung, für die den Wohnungseigentümern die Beschlusskompetenz fehlt, so dass ein entsprechender Mehrheitsbeschluss nichtig ist . In der Rechtsprechung wird dagegen vorherrschend die gegenteilige Auffas­sung vertreten .

2.6.8 Musizierregelung

Für ein generelles Musizierverbot fehlt den Wohnungseigentümern die Beschlusskompetenz. Zwar kann, wenn eine Vereinbarung nicht entgegensteht, der Gebrauch des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums durch Mehrheitsbeschluss geregelt werden, jedoch nur dann, wenn die Regelung weder sittenwidrig ist noch in den dinglichen Kernbereich des Wohnungseigentums eingreift.

Da das Musizieren in den eigenen Räumen zu diesem Kernbereich zählt, ist ein mehrheitlich beschlossenes Verbot nach der Rechtsauffassung des OLG Frankfurt nichtig.

Nach Wenzel ist dagegen ein nur mehrheitlich beschlossenes Verbot lediglich anfechtbar, weil es sich um einen vereinbarungsersetzenden Mehrheitsbeschluss handelt, der nicht nichtig ist.

2.6.9 Sondernutzungsrecht

Die Einräumung eines Sondernutzungsrechts unterliegt nicht der Beschluss-kompetenz der Wohnungseigentümer, wie sie gemäß § 15 Abs. 2 WEG für Gebrauchsregelungen des gemeinschaftlichen Eigentums für den Fall ausgewiesen ist, dass keine Vereinbarung entgegensteht.

Bei der Einräumung eines Sondernutzungsrechts wird nicht der Gebrauch geregelt, sondern der Gebrauch durch alle bzw. einzelne Eigentümer ausgeschlossen. Insofern wird die gesetzliche Regelung des § 13 Abs. 2 WEG geändert, der nämlich das Mitgebrauchsrecht aller Eigentümer regelt. Insofern ist ein Mehrheitsbeschluss gesetzesändernd und deshalb nichtig .

Soweit in der Vergangenheit Sondernutzungsrechte nur durch unangefochtenen Mehrheitsbeschluss eingeräumt wurden, sind diese „Ersatzvereinbarungen“ nichtig.

Gegebenenfalls ist allerdings zu prüfen, ob eine Umdeutung in eine Gebrauchsregelung möglich ist .

  • BayObLG, 12.10.2001, 2Z BR 127/01
  • vgl. hierzu insbesondere BGH, 22.1.2004, V ZB 51/03
  • Wenzel, ZWE 2001, 226, 236
  • Wenzel, ZWE 2001, 226, 236

OLG Köln, 15.1.2001, 16 Wx 140/00, zur abweichenden Kostenverteilung für Wasser, Kanal, Strom und Müllabfuhr nicht nach Miteigentumsanteilen, sondern nach der Zahl der in den Haushalten lebenden Personen; BayObLG, 28.6.2002, 2Z BR 41/02

  • BayObLG, 28.6.2002, 2Z BR 41/02; Wenzel, ZWE 2001, 226, 233
  • Wenzel, ZWE 2001, 226, 235
  • OLG Hamm, 28.2.2000, 15 W 349/99; OLG Düsseldorf, 14.10.1998, 3 Wx 169/98, dort in Höhe von monatlich DM 5,00
  • OLG Frankfurt a.M., 4.1.2000, 20 W 414/99, DWE 2002, 141
  • Wenzel, ZWE 2001, 226, 236
  • OLG Frankfurt, 19.12.2000, 20 W 139/99
  • Wenzel, ZWE 2001, 226,230

2.6.10 Tierhaltungsverbot

Ist keine Vereinbarung zur Tierhaltung getroffen, können die Wohnungseigentümer eine ordnungsmäßige Gebrauchsregelung durch mehrheitliche Beschlussfassung treffen.

Ein Beschluss, der ein generelles Tierhaltungsverbot beinhaltet, entspricht allerdings nicht einem ordnungsmäßigen Gebrauch. Dennoch ist ein Mehrheitsbeschluss als vereinbarungsersetzender Mehrheitsbeschluss nicht nichtig, sondern nur anfechtbar.

Die Wohnungseigentümer sind in einem solchen Fall allerdings nicht gehindert, bei nächster Gelegenheit dieses Tierhaltungsverbot wiederum durch mehrheitliche Beschlussfassung aufzuheben, wobei eine Anfechtung wegen ordnungsmäßiger Gebrauchsregelung ins Leere gehen würde.

2.6.11 Umzugskostenpauschale

Den Wohnungseigentümern fehlt die Beschlusskompetenz, um rechtsergänzende Regelungen zur Erhebung einer Umzugskostenpauschale zu beschließen. Ein Mehrheitsbeschluss ist als gesetzesändernder Mehrheitsbeschluss nichtig .

2.6.12 Versorgungssperre - Abtrennung von Versorgungsleitungen bei Hausgeldrückständen

Wohnungseigentümer können bei erheblichen Hausgeldrückständen säumige Miteigentümer von den Versorgungsleistungen grundsätzlich durch mehrheitliche Beschlussfassung ausschließen (BGH, Beschluss vom 10.6.2005, V ZR 235/04; KG Berlin, Beschluss vom 8.8.2005, 24 W 112/04).

Bei erheblichen Hausgeldrückständen (mindestens sechs Monatsbeiträge des „Hausgeldes“; Fall des BGH: Rückstände von 16.534 Euro; Fall des BayObLG Rückstände von 3.300 Euro) und ausbleibenden Hausgeldvorauszahlungen muss ein insoweit säumiger Wohnungseigentümer nach entsprechender Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümer die Abtrennung seiner Wohnung von der Versorgung mit Heizenergie und Wasser dulden. Ein solcher Beschluss ist nicht nichtig.

Dem Vollzug der Sperre muss allerdings eine Androhung vorausgehen (BGH, Beschluss vom 10.6.2005, V ZR 235/04). Ein entsprechender Mehrheitsbeschluss widerspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung (KG Berlin, Beschluss vom 8.8.2005, 24 W 112/04).

Durch Teilzahlungen in Höhe der auf die Versorgungsleistungen entfallenden Beträge kann das Zurückbehaltungsrecht der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht abgewendet werden (KG Berlin, Beschluss vom 8.8.2005, 24 W 112/04).

Bei der technischen Durchführung der Absperrung handelt es sich nicht um eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG, sondern um eine der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer unterliegende Maßnahme zur Ermöglichung der Ausübung des ihnen zustehenden Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB (BayObLG, Beschluss vom 31.3.2004, 2Z BR 224/03; vgl. auch KG Berlin, Beschluss vom 21.5.2001, 24 W 94/01; 26.11.2001, 24 W 7/01).

Die Zustimmung des säumigen Eigentümers ist nach § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG nicht erforderlich, da sich die Rechtsbeeinträchtigung im Rahmen des § 14 WEG wegen der Verpflichtung zur Duldung der Absperrmaßnahmen hält.

Das OLG München hat jedoch einschränkend entschieden, dass Voraussetzung für eine Versorgungssperre nicht nur erhebliche Hausgeldrückstände sind, sondern auch deren Titulierung. Danach muss eine bestandskräftige gerichtliche Entscheidung oder ein bestandskräftiger Voll­streckungsbescheid über die Hausgeldrückstände bestehen, um die entsprechenden Absperr­maßnahmen durchführen zu lassen (OLG München, 23.2.2005, 34 Wx 5/05).

2.6.13 Verwaltervergütung

Zu den Kosten der Verwaltung zählt die an den Verwalter zu zahlende Verwaltungsvergütung. Es handelt sich hierbei um Kosten der sonstigen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, die nach der gesetzlichen Regelung gemäß § 16 Abs. 2 WEG im Verhältnis der Mitei­gentumsanteile auf die einzelnen Wohnungseigentümer zu verteilen sind.

Entsprechend hat inzwischen das OLG Köln entschieden, dass auch dann, wenn die Verwaltervergütung gemäß Verwaltungsvertrag mit einem fixen Betrag pro Wohneinheit berechnet wird, die einzelnen Wohnungseigentümer zur Tragung der Verwaltungsvergütung im Innenverhältnis nach dem in der Teilungserklärung vereinbarten Verteilungsschlüssel verpflichtet sind. Der gesetzliche oder in der Teilungserklärung abweichend vereinbarte Verteilungsschlüssel kann nicht auf Dauer durch unangefochtenen Mehrheitsbeschluss abgeändert werden .

Das bedeutet, dass in konsequenter Verfolgung der BGH-Rechtsprechung die insgesamt an den Verwalter zu zahlende Vergütung zwar nach Wohnungseinheiten berechnet werden kann, die insoweit berechnete Gesamtverwaltungsvergütung im Innenverhältnis, das heißt zwischen den Wohnungseigentümern untereinander, jedoch nach Miteigentumsanteilen zu verteilen ist.

2.6.14 Verwaltungsbeirat

Die Wohnungseigentümer können durch Stimmenmehrheit die Bestellung eines Verwaltungsbeirates beschließen. Das Gesetz räumt ihnen damit ausdrücklich die Beschlusskompetenz ein und regelt gleichzeitig die Zusammensetzung des Beirates, bestehend aus drei Wohnungseigentümern als Mitglieder.

Zusammensetzung

Bestellen die Wohnungseigentümer im konkreten Fall einen Beirat, bestehend aus vier Mitgliedern, darunter ein Nicht – Wohnungseigentümer, und beschließen zusätzlich die Zahlung einer Aufwandspauschale und nehmen eine Haftungsbeschränkung vor, berührt das die Beschlusskompetenz nicht, da das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander nicht betroffen ist.

Ein entsprechender Mehrheitsbeschluss ist deshalb nicht nichtig, sondern als gesetzeswidriger Mehrheitsbeschluss nur anfechtbar .

Beschließen die Eigentümer dagegen allgemein, dass der (künftig) Verwaltungsbeirat aus vier Personen bestehen und auch nur beschränkt haften soll, wird damit das Innenverhältnis der Wohnungseigentümer getroffen und die gesetzliche Regelung als solche geändert. Ein solcher Beschluss ist als gesetzesändernder Mehrheitsbeschluss nichtig.

Abschluss einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung

Die grundsätzlich ehrenamtliche Tätigkeit dieses Beirates birgt für die Mitglieder Risiken, die nicht ganz unerheblich sein können und vielfach in ihren Auswirkungen und Ausmaßen von den Betroffenen zunächst nicht erkannt werden. So können Verstöße gegen die dem Beirat gesetzlich obliegenden und gegebenenfalls zusätzlich übertragenen Aufgaben, im Einzelfall Schadensersatzansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft in nicht unbeträchtlicher Höhe begründen.

Vor diesem Hintergrund wird immer wieder Frage diskutiert, ob und wie sich die Beiratsmitglieder gegen die im Rahmen ihrer Tätigkeit entstehenden Risiken absichern können.

Das KG Berlin hat in dieser Frage nunmehr entschieden, dass es regelmäßig nicht ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, wenn die Wohnungseigentümer-gemeinschaft bei der konkreten Bestellung eines Verwaltungsbeirates als nähere Ausgestaltung des Beiratsvertrages mehrheitlich beschließt, für den Beirat eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung abzuschließen .

Eine solche von den Eigentümern getroffene Regelung ist durch die Beschlusskompetenz gemäß § 29 WEG gedeckt, weil die Risikovorsorge als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums grundsätzlich im Gesamtinteresse der Gemeinschaft liegt. Den Wohnungseigentümern ist jedenfalls daran gelegen, geeignete Verwaltungsbeiräte zu gewinnen, die sich nicht durch die möglichen Haftungsrisiken abschrecken lassen. Damit sich Wohnungseigentümer für eine solche verantwortungsvolle Tätigkeit bereit erklären, ist es deshalb auch vertretbar, sie zumindest gegen Risiken aus fahrlässigem Verhalten abzusichern und die Haftung insoweit auf einen bestimmten Eigenanteil zu beschränken.

Haftungsbeschränkung und Versicherungsabschluss sind aber grundsätzlich auf Fahrlässigkeit beschränkt. Für Schäden als Folge vorsätzlichen Handelns ist der Versicherungsschutz ausgeschlossen.

Soll die Haftung für fahrlässiges Verhalten der Beiratsmitglieder im Übrigen generell, also unabhängig vom Fall der konkreten Bestellung, beschränkt werden, reicht ein Mehrheitsbeschluss nicht aus. Erforderlich ist dafür stets eine Vereinbarung im Sinne von § 10 Abs. 1 WEG erforderlich.

Vergütung der Beiratstätigkeit

Die Mitglieder des gemäß § 29 WEG bestellten Verwaltungsbeirates sind grundsätzlich ehrenamtlich tätig und haben deshalb keinen Anspruch auf Vergütung.

Aus dem durch die Be­stellung entstehenden Auftragsverhältnis folgt jedoch gemäß § 670 BGB ein Anspruch auf Aufwendungsersatz, der auch durch eine mehrheitlich beschlossene Auslagenpauschale in Höhe von rund 150,00 Euro abgegolten werden kann . Damit sind die Aufwen­dungen abgegolten, die Beiratsmitglieder üblicherweise für Telefon-, Porto- und eventuelle Fahrtkosten sowie für die Beschaffung von Fachliteratur aufwenden.

  • Wenzel, ZWE 2001, 226, 235
  • OLG Köln, 24.5.2002, 16 Wx 84/02
  • vgl. dazu aber AG Hamburg-Barmbek,
  • KG Berlin, 19.7. 2004, 24 W 203/02, NZM 2004, 743
  • BayObLG, 30.4.1999, 2Z BR 153/98

Ein Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer, wonach dem Vorsitzenden des Verwaltungsbeirates eine Vergütung von jährlich 500,00 Euro gezahlt werden soll, verstößt dagegen gegen den Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung und ist deshalb im Falle der An­fechtung für ungültig zu erklären. Auch die Tatsache, dass es sich um eine zerstrittene Gemeinschaft handelt, rechtfertigt es nicht, vom Grundsatz der ehrenamtlichen Tätigkeit abzuweichen.

2.6.15 Wasserkosten-/ Abwassergebühren

Der zunächst in der Fachliteratur vertretenen Auffassung, dass der Wasserverbrauch im Bereich des Sondereigentums kein gemeinschaftlicher Gebrauch gemeinschaftlichen Eigentums sei, sondern vielmehr dem individuellen Gebrauch des Sondereigentümers bzw. des Sondereigentums zuzuordnen und deshalb nach Verbrauch je Sondereigentum abzurechnen sei, hat sich inzwischen die höchstrichterliche Rechtsprechung angeschlossen.

So hat der BGH entschieden, dass der Einbau von Kaltwasserzählern bei zu erwartender Wirtschaftlichkeit und die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels nach Verbrauch einen einheitlichen Verfahrensgegenstand bilden, der unter die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer fällt. Ein Mehrheitsbeschluss entspricht folglich ordnungsmäßiger Verwaltung.

Da Abwassergebühren im Regelfall entsprechend dem Kaltwasserverbrauch erfasst und abgerechnet werden können und insoweit auch dem jeweiligen Sondereigentümer zurechenbar sind, kann im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung auch die verbrauchsabhängige Abrechnung der Abwassergebühren, basierend auf den Verbrauchsergebnissen für die Kaltwasserabrechnung, mehrheitlich beschlossen werden .

Besteht allerdings für den Kaltwasserverbrauch bereits eine von § 16 Abs. 2 WEG abweichende Verteilungsregelung gemäß Teilungserklärung oder Gemeinschafts-ordnung, zum Beispiel nach Köpfen oder nach Wohnfläche, bedarf die Änderung dieser Regelung – auch in eine verbrauchsabhängige Abrechnung – einer Vereinbarung im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 1 WEG. Ein Mehrheitsbeschluss im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung reicht hierzu nach der Entscheidung des BGH nicht aus.

2.6.16 Wirtschaftsplan – Beschlussfassung und Fortgeltung

Der Verwalter hat gemäß § 28 Abs. 1 WEG jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen. Über diesen Wirtschaftsplan beschließen die Wohnungseigentümer gemäß § 28 Abs. 5 WEG mit Stimmenmehrheit. Die Zahlungsverpflichtung aufgrund des Wirtschaftsplans entsteht erst mit der Beschlussfassung. Ohne Beschluss ist ein Wohnungseigentümer nicht zur Zahlung verpflichtet.

Von dieser gesetzlichen Bestimmung kann durch Beschluss nicht abgewichen werden. Der Wohnungseigentümerversammlung fehlt die so genannte Beschlusskompetenz, die Anforderungen an Wirtschaftspläne auf Dauer zu verändern, insbesondere generell für die Zukunft auf die Vorlage von Einzelwirtschaftsplänen zu verzichten. Ein solcher Beschluss ist als gesetzesändernder Mehrheitsbeschluss nichtig (BGH, Beschluss vom 20.9.2000, V ZB 58/98).
Beschlussfassung muss auch Einzelwirtschaftsplan umfassen

Mangels wirksamer Abänderung der gesetzlichen Anforderungen erfüllt daher ein ohne Einzelwirtschaftsplan beschlossener Wirtschaftsplan nicht die Vorgaben des § 28 Abs. 5 WEG und ist deswegen für ungültig zu erklären (BGH, Beschluss vom 2.6.2005, V ZB 32/05).

Da die Verteilung der Kosten gemäß § 28 Abs. 2 WEG Gegenstand des Einzelwirtschaftsplans ist, gehört er zu den unverzichtbaren Bestandteilen des Wirtschaftsplans. Folglich ist die Genehmigung eines Wirtschaftsplans ohne Ein­zelwirtschaftsplan auf Antrag für ungültig zu erklären.

Ungeachtet dessen können aber die Wohnungseigentümer die Ansätze in dem von dem Verwalter vorgelegten Gesamtwirtschaftsplan bei der Beschlussfassung abändern. Im Regelfall kann nämlich anhand der Verteilungsschlüssel in den Einzelwirtschaftsplänen unschwer ermittelt werden, mit welcher Belastung nach der Änderung der Gesamtansätze gerechnet werden muss.

Fortgeltung des Wirtschaftsplans

Die durch Beschlussfassung festgelegte Zahlungspflicht erstreckt nach der gesetzlichen Rege­lung nur auf durch den Wirtschaftsplan bestimmten Zeitraum, also beim Kalenderjahr vom 1. Januar bis zum 31. Dezember. Zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen oder –lücken ist es daher sinnvoll, über diesen Zeitraum hinaus die Zahlungspflicht durch weitergehenden Beschluss zu gewährleisten.

Ein solcher Mehrheitsbeschluss der Eigentümer über die Fortgeltung des Wirtschaftsplans bis zur Beschlussfassung über den nächsten Wirtschaftsplan übersteigt nicht die Beschlusskom­petenz der Wohnungseigentümer .

3. WEG – Änderung

Die Bundesregierung hat am 25. Mai 2005 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes beschlossen und dem Bundesrat zur Stellungnahme übersandt (BR-Drucksache 397/05 vom 27.5.2005).

Der Bundesrat hat diesen Entwurf in seiner Sitzung am 8. Juli 2005 beraten und in seiner Stellungnahme (BR-Drucksache 397/05 – Beschluss vom 8.7.2005) verschiedene Prüfungs – und Änderungsvorschläge beschlossen, die sich aber vorrangig auf verfahrensrechtliche Bestimmungen konzentrieren.

Im nachfolgenden Beitrag werden die wichtigsten der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Änderungen unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlungen des Bundesrates dargestellt.

3.1 Abgeschlossenheitserfordernis und Aufteilungsplan (§§ 3 Abs. 2, 7 Abs. 4 WEG)

Anders als der Bundesrat in seinem früheren Gesetzentwurf hatte die Bundesregierung die Aufhebung des Abgeschlossenheitserfordernisses (§ 3 Abs. 2 WEG) und die Übertragung der Er­stellung von Aufteilungsplänen (§ 7 Abs. 4 WEG) auf die nach Landesrecht zuständigen Bauvorlageberechtigten abgelehnt und stattdessen eine Ermächtigungsregelung vorgesehen, die es den Ländern unter Aufrechterhaltung des Abgeschlossenheitserfordernisses überlässt, Bestimmungen zur Erstellung der Aufteilungspläne durch Sachverständige zu erlassen.

Diese im Regierungsentwurf vorgesehene Regelung (§ 7 Abs. 4 WEG – neu) lehnt der Bundesrat ab und empfiehlt seinerseits die von ihm bereits vorgeschlagene, aber von der Bundesregierung und vom Bundestag abgelehnte Regelung (BR-Drucksache 240/04-Beschluss, BT-Druck­sache 15/3423 vom 14.5.2004).

  • Gesetzlicher Anspruch auf abweichende oder anpassende Vereinbarung (§ 10 Abs. 1 WEG)

Der Regierungsentwurf sieht vor, dass jedem Wohnungseigentümer der gesetzliche Anspruch eingeräumt wird, eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder eine Anpassung an bestehende Vereinbarungen verlangen zu können, wenn das Festhalten an bestehenden Regelungen aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint ( §10 Abs. 1 WEG - neu).

Schon bisher billigte die herrschende Rechtsauffassung dem Eigentümer einen solchen Anspruch zu, jedoch nur unter den Voraussetzungen einer groben Unbilligkeit. Mit dem jetzt gesetzlich verankerten Anspruch werden die bisher hohen Anforderungen deutlich herabgesetzt, ohne dass dabei allerdings die Rechte der übrigen Eigentümer unvertretbar beeinträchtigt werden.

3.3 Aufhebung von vereinbarten Veräußerungsbeschränkungen

Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung wird den Wohnungseigentümern das Recht ein­geräumt, Vereinbarungen über Veräußerungsbeschränkungen (Zustimmung des Verwalters oder der Wohnungseigentümergemeinschaft) durch mehrheitliche Beschlussfassung aufzuheben (§ 12 Abs. 4 WEG neu). Nach der geltenden Regelung ist hierzu eine Vereinbarung i.S. von § 10 Abs. 1 WEG erforderlich, ein Mehrheitsbeschluss ist als vereinbarungsändernder Mehr­heitsbeschluss nichtig.

3.4 Beschlusskompetenz zur Änderung der Kostenverteilung

Nach bisher geltendem Recht bedarf die Änderung der nach dem Gesetz vorgesehenen Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen (§ 16 Abs. 2 WEG) einer Vereinbarung, also der Zu­stimmung aller Wohnungseigentümer und der Eintragung in das Grundbuch.

Nach dem Änderungsentwurf der Bundesregierung soll künftig die Verteilung der Betriebskosten und der Verwaltungskosten nach dem Verbrauchs- oder Verursacherprinzip durch einfachen Mehrheitsbeschluss im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung ermöglicht werden (WEG § 16 Abs. 3 WEG – neu).

Im Einzelfall soll auch die Verteilung von Instandhaltungs-/Instandset­zungskosten und von Kosten für bauliche Veränderungen der Beschlusskompetenz unterliegen. Erforderlich ist in diesen Fällen jedoch eine Dreiviertel-Mehrheit aller stimm-berechtigten Wohnungseigentümer, die darüber hinaus mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren müssen (§ 16 Abs. 4 WEG – neu).

  • KG Berlin, 31.3.2004, 24 W 194/02
  • Wenzel, ZWE 2001, 226, 236
  • BayObLG, 12.12.2002, 2Z BR 117/02; KG Berlin, 27.2.2002, 24 W 16/02
  • sofern kein besonderer Hinweis erfolgt, hat der Bundesrat keine gegenteilige Stellungnahme beschlossen

3.5 Beschlusskompetenz auch für Modernisierungsmaßnahmen

Damit Wohnungseigentumsanlagen hinsichtlich Wohnstandard und technischer Ausstattung nicht hinter der allgemeinen Entwicklung hinterherhinken, sollen nach dem Willen der Bundesregierung Maßnahmen zur Modernisierung und zur Anpassung der Wohnanlage an den Stand der Technik künftig einem qualifizierten Mehrheitsbeschluss (Dreiviertel-Mehrheit nach Köpfen und mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile) zugänglich gemacht werden (§ 22 Abs. 2 WEG - neu).

Für Maßnahmen der so genannten modernisierenden Instandsetzung bleibt es nach dem Regierungsentwurf bei der bisherigen Regelung, wonach ein einfacher Mehrheitsbeschluss aus­reicht, allerdings immer unter der Voraussetzung, dass ohnehin eine Instandhaltung bzw. Instandsetzung erforderlich ist (§ 22 Abs. 3 WEG – neu).

3.6 Verlängerung der Einladungsfrist

Für die Einladungsfrist zur Wohnungseigentümerversammlung sieht der Regierungsentwurf eine Verlängerung von bisher einer Woche auf mindestens zwei Wochen vor (§ 24 Abs. 4 WEG – neu).

3.7 Zwingende Führung einer Beschluss-Sammlung

Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung ist der Verwalter künftig verpflichtet, eine Beschluss-Sammlung über alle ab Inkrafttreten der Gesetzesänderung in der Wohnungseigentümerversammlung gefassten Beschlüsse zu führen (§ 24 Abs. 7 und 8 WEG).

Bei nicht ordnungsmäßiger Führung dieser Sammlung soll der Verwalter aus wichtigem Grund sofort abberufen werden können (§ 26 Abs. 1 Satz 3 WEG – neu).

Soweit es hier im Regierungsentwurf heißt „Ein wichtiger Grund liegt auch vor, wenn der Verwalter die Beschluss-Sammlung nicht ordnungsmäßig führt“, sieht der Bundesrat hier die Gefahr einer missverständlichen Auslegung und schlägt deshalb vor, das Wort „auch“ durch das Wort „regelmäßig“ zu ersetzen.

3.8 Informationspflichten des Verwalters

Die Bundesregierung hatte in ihrem Entwurf eine Regelung vorgesehen, wonach der Verwalter verpflichtet ist, die Wohnungseigentümer unverzüglich zu unterrichten, wenn gegen ihn ein Rechtstreit auf Erfüllung seiner Pflichten anhängig ist (§ 27 Abs. 1 Nr. 5 WEG – neu).

Der Bundesrat schlägt in seiner Stellungnahme eine Änderung dahingehend vor, diese Informationspflicht grundsätzlich auf alle Streitigkeiten gemäß § 43 WEG auszudehnen.

3.9 Verfahrensrechtliche Regelungen

Wie bereits einleitend erwähnt, liegt der Schwerpunkt der Prüfungs- und Änderungsvorschläge des Bundesrates bei den verfahrensrechtlichen Regelungen.

Zunächst soll nach den Vorstellungen des Bundesrates eine gesetzliche Klarstellung erfolgen, gegen welche Wohnungseigentümer eine Klage auf Ungültigerklärung eines Beschlusses der Eigentümerversammlung zu richten ist. Die im Regierungsentwurf enthaltene Regelung reiche zur Klarstellung nicht aus (§ 46 Abs. 1 WEG – neu).

Im Rahmen der Anfechtungsklage soll auf Vorschlag des Bundesrates die Regelung in § 47 Abs. 2 WEG – neu dahingehend ergänzt werden, dass das Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes von Amts wegen zu berücksichtigen ist.

Hinsichtlich der Beteiligten im Verfahren nach § 43 WEG soll im weiteren Verlauf des Gesetz­gebungsverfahren auf Empfehlung des Bundesrates geprüft werden, ob die Regelung zur Beiladung der übrigen Wohnungseigentümer tatsächlich notwendig ist (§ 48 Abs. 1, 3 WEG – neu).

Für erforderlich hält der Bundesrat auch eine Klarstellung zur Frage der Beteiligung der Wohnungseigentümer auf der Kläger- oder Beklagtenseite als Partei ( § 48 Abs. 1 Weg – neu).

Neben einigen weiteren verfahrensrechtlichen Änderungs- oder Klarstellungsregelungen (u.a. Beiladung des Verwalters, Rechtswirkung des Urteils, Streitwertfestsetzung) dürfte bei der wei­teren Diskussion gerade der verfahrensrechtlichen Regelungen die Frage der Änderung des Instanzenzuges von Bedeutung sein.

Während der Regierungsentwurf davon ausgeht, dass künftig die Berufung in Wohnungseigentumssachen den Oberlandesgerichten zuzuweisen ist, lehnt der Bundesrat eine solche Än­derung des Instanzenzuges ab und spricht sich für die Beibehaltung der zweitinstanzlichen Landgerichtszuständigkeit auch nach der Überführung der Wohnungseigentumssachen in den Zivilprozess aus.

3.10 Vorrecht für Hausgeldforderungen in der Zwangsversteigerung

Entsprechend den Forderungen seitens der WEG-Verwaltungspraxis sieht auch der Regie­rungsentwurf ein begrenztes Vorrecht zur Sicherung rückständiger Hausgeldforderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Zwangsversteigerung vor (§ 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 45 Abs. 3, § 156 Abs. 1 ZVG - neu).

Zusammenfassend ist zu dem jetzt vorliegenden Regierungsentwurf zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze und zur grundsätzlich billigenden Stellungnahme des Bundesrates festzustellen, dass die von den Spitzenverbänden der Wohnungswirtschaft gemeinsam vorgetragenen Anregungen und Änderungsvorschläge erfreulicherweise na­hezu vollständig berücksichtigt wurden und deshalb nur zu hoffen bleibt, dass das weitere parlamentarische Verfahren auch von einer möglichen neuen Regierung zügig vorangetrieben wird.

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